Zurückgedrehter Tacho berechtigt zum Rücktritt vom Kaufvertrag

Zurückgedrehter Tacho berechtigt zum Rücktritt vom Kaufvertrag

Das Oberlandesgericht in Celle hat mit kürzlich veröffentlichtem Urteil vom 25.09.2019,  Az. 7 U 8/19) entschieden, dass eine nach oben abweichende tatsächliche Laufleistung des gekauften Fahrzeugs einen Sachmangel darstelle, welcher den Käufer dazu berechtigt sofort vom Kaufvertrag zurückzutreten.

Im dem zu Grunde liegenden Sachverhalt erwarb der Kläger von dem beklagten Kfz-Händler einen gebrauchten VW T5. In der verbindlichen Bestellung war unter dem Punkt: „Gesamtfahrleistung n. Angaben d. Vorbesitzers ___ km“ und „Stand des km-Zählers“ jeweils handschriftlich 123.686 km eingetragen.

Nachdem der Käufer Probleme beim Starten des Fahrzeugs hatte und sich aus diesem Anlass ein Sachverständiger das Fahrzeug genauer ansah, stellte dieser fest, dass die Mehrlaufleistung zumindest 25.700 Kilometer betrug und das Fahrzeug wahrscheinlich sogar noch mehr auf dem Tacho hatte.

Dies nahm der Kläger zum Anlass unverzüglich vom Kaufvertrag zurückzutreten, da ein nicht behebbarer Sachmangel vorliege und eine Nachbesserung daher auch nicht in Frage komme.

Das zunächst mit der Frage der Rechtmäßigkeit des Rücktritts befasste Landgericht hatte die Klage noch abgewiesen, da der Kfz Händler mit den Eintragungen unter den vorgedruckten Punkten zum Ausdruck gebracht habe, dass er selbst keine weitergehende Erkenntnisse hinsichtlich der tatsächlichen Laufleistung des Fahrzeugs habe und sich vertraglich eben nicht an die Angaben binden wolle.

Anders sah dies nun das OLG und gab dem Käufer umfassend Recht:

Zum ersten sei die abweichende Laufleistung an sich ein zum Rücktritt berechtigender, nicht nachbesserbarer Mangel. Der Kfz Händler könne sich zum einen nicht darauf berufen, dass die Abweichung nur geringfügig sei und zum anderen reiche für die Annahme eines Mangels – angesichts der Unsicherheit wie viele Kilometer tatsächlich „zurückgedreht“ worden seien – allein schon der begründete Verdacht einer Tachomanipulation.

Zum zweiten gelte der Grundsatz, dass der Käufer regelmäßig erwarten könne, dass die Gesamtlaufleistung in etwa dem Tachostand entspricht und es insoweit keine größeren Abweichungen ergibt.

Insoweit sei keine negative Beschaffenheitsvereinbarung getroffen worden. Das heißt, es reiche eben nicht aus, sich durch die Angabe „laut Vorbesitzer“ oder „laut Tacho“ als Händler von der gemachten Angabe zu distanzieren.

Fachanwalt für Verkehrsrecht Matthias Preuss

Ein Richterspruch, welcher die Rechte der Autokäufer stärkt und die Händler in die Pflicht nimmt die gemachten Angaben zum Tachostand auch tatsächlich zu überprüfen und zu verifizieren. Das Urteil steht allerdings in einem gewissen Widerspruch zu anderen Urteilen, etwa OLG Hamm, 11.12.2012, 28 U 80/12, wonach dem Käufer bei distanzierenden Vermerken des Verkäufers wie „soweit dem Verkäufer bekannt“ oder „Gesamtlaufleistung unbekannt“ nicht das Recht zustehe vom Kaufvertrag zurückzutreten.

Da die Rechtsprechung zu dieser Thematik ersichtlich sehr unterschiedlich ist, empfiehlt es sich in jedem Fall fachkundige anwaltliche Unterstützung in Anspruch zu nehmen.

2019-10-14T11:42:07+02:00Oktober 14th, 2019|Categories: Urteile|