Im Allgemeinen darf ein Kraftfahrer darauf vertrauen, dass andere Verkehrsteilnehmer ihrem gesetzten Blinkzeichen auch folgen.

Stellen Sie sich vor Sie fahren als Linksabbieger in eine Kreuzung und es kracht ihnen ein Auto in ihren linken Kotflügel. Sie hatten zuvor gesehen, dass der auf der Vorfahrtsstraße befindliche Wagen den Rechtsblinker schon länger gesetzt hat, aber die Geschwindigkeit nicht reduzierte.

 

Das Gericht sieht den überwiegenden Verschuldensanteil bei Ihnen als nachrangigen Linksabbieger. Begründung: Die Gesamtsituation stellt sich für den idealtypischen Verkehrsteilnehmer nicht so dar, dass man auf das Rechtsabbiegen vertrauen konnte. Wegen nicht verlangsamter, unveränderter Geschwindigkeit und schon längerem Blinken hätte Sie erkennen müssen, dass eine eventuelle Fehlbetätigung des Blinkers vorlag.

Somit verstößt der Linksabbieger gem. §§ 8 Abs.2 S.2, 9 Abs.3 StVO gegen das Gebot, den Vorfahrtsberechtigten weder zu gefährden noch wesentlich zu behindern.

Zwar hat der Vorfahrtsberechtigte durch das falsche Blinken gegen das allgemeine Gefährdungsverbot des § 1 Abs.2 StVO verstoßen, doch liegt der überwiegende Verschuldensanteil aus den erwähnten Gründen bei dem Linksabbieger.

Im oben genannten Beispiel haftet der Wartepflichtige  zu 75 % und der Vorfahrtsberechtigte zu 25 %.  [Urteil vom OLG München 15.12.2017 (Az.: 10 U 1021/17)]

Ein entscheidendes Problem in der Praxis ist den Unfallhergang (Blinken, Geschwindigkeitsverringerung)  nachzuweisen.  Grundsätzlich muss immer die Klagepartei die für sie günstigen Tatsachen beweisen.

Fazit und Tipp: Als wartepflichtiger Autofahrer sollten sie im Zweifel erst dann in den vorfahrtsberechtigten Bereich einfahren, wenn der Abbiegevorgang abgeschlossen ist.