Winterreifenpflicht

Winterreifenpflicht

Eine generelle Winterreifenpflicht existiert in Deutschland NICHT. Es gilt jedoch

eine sogenannte situative Winterreifenpflicht. Bei Glatteis, Schneeglätte,

Schneematsch, Eis- oder Reifglätte muss mit Winterreifen gefahren werden, §

2 (3a) StVO. Laut TÜV und ADAC sollten Winterreifen mindestens vier

Millimeter Profiltiefe aufweisen, wobei die gesetzlich europäische

Mindestprofiltiefe nur 1,6mm beträgt. Neuere Winterreifen erkennt man an

einem Bergsymbol mit Schneeflocke. Alte Winterreifen mit M+S (Matsch und

Schnell) Kennzeichnung bis zum 30. September 2024 gelten als wintertauglich,

wenn sie bis zum 31. Dezember 2017 hergestellt worden sind. Allwetterreifen

genügen grundsätzlich der Winterreifenpflicht, wenn sie über obige Symbole

verfügen.

Fakt ist: wer bei schwierigen Straßenverhältnissen im Winter ohne

Winterreifen fährt, muss mit einem Bußgeld in Höhe von 60 Euro rechnen.

Kommt es zu einer Behinderung, Gefährdung oder einem Unfall, steigt das

Bußgeld auf bis zu € 120. In jedem Fall, auch ohne Behinderung usw., wird das

„Punktekonto in Flensburg“ (Fahreignungsregister) mit einem Punkt belastet.

Problematischer wird es, wenn Sie einen Unfall mit Sommerreifen bei

winterlichen Straßenverhältnissen verursachen. Unter Umständen droht ein

Wegfall des Versicherungsschutzes in der Fahrzeugversicherung (Kasko)wegen

Gefahrerhöhung nach § 23 I VVG. So sah es das AG Mannheim 2015, bei

längeren Autofahrten oder mehrmalige Nutzung des Pkw`s unter gleichzeitiger

Verletzung der Winterreifenpflicht. Die Verpflichtung Winterreifen zu benutzen

orientiert sich zudem an der am konkreten Tag herrschenden Straßensituation

und den Witterungsverhältnissen. Hierfür ist der Versicherer darlegungs- und

beweisbelastet. Zudem ist die Versicherung gem. § 81VVG berechtigt die

Leistung bei Vorsatz zu verweigern bzw. bei Fahrlässigkeit zu kürzen.

 

In einem vom AG Papenburg 2016 entschiedenen Fall klagte der Verunfallte die

volle Schadenshöhe ein, nachdem die Kfz Versicherung zuvor nur 50% des

Schadens beglich.

Folgender Sachverhalt: Der Versicherungsnehmer und Kläger kam am

17.01.2015 um 5 Uhr mit Sommerreifen, bei erlaubten 100kmh, von der

Fahrbahn ab und prallte gegen einen Baum. Unverletzt verließ er nach zehn

 

Minuten Wartezeit den Unfallort. Laut Wetterrückblick für Papenburg

herrschte zum Unfallzeitpunkt eine Temperatur von 1,8 Grad.

Die Versicherung und auch das Gericht sahen das Verhalten des Fahrers als

grob fahrlässig an, weil er ohne Winterreifen fuhr und die Geschwindigkeit

hätte anpassen müssen. Allerdings sieht das Gericht in subjektiver Hinsicht kein

erheblich gesteigertes Verschulden. Im Übrigen kann auch nicht davon

ausgegangen werden, dass es nicht zu dem Unfall gekommen wäre, wenn der

Kläger mit Winterreifen gefahren wäre. Gerade im Falle von Eisglätte kann ein

Abkommen von der Straße auch mit Winterreifen passieren. Der Kläger hat sich

auch nicht gem. § 142 Abs. I Nr.2 StGB strafbar gemacht, was zu einer

Verletzung der Aufklärungsobliegenheit und damit zu einer Kürzung des

Anspruchs hätte führen können. Der angefahrene Baum war kaum beschädigt,

die 10 Min. Wartezeit und die telefonische Mitteilung des Unfalls um 9:30 Uhr

sah das Gericht auch als ausreichend und rechtzeitig an.

Der Kläger hatte damit einen Zahlungsanspruch auf 100% der Schadenssumme.

 

Fazit:

Wer bei winterlichen Verhältnissen ohne entsprechende Winterbereifung

unterwegs ist, riskiert ein Bußgeld und einen Punkt in Flensburg. Sollte es zu

einem Unfall kommen, kann es auch bei der Schadensregulierung zu

Problemen kommen. Dem sollte man vorbeugen und frühzeitig

Winterbereifung aufziehen.

2019-11-13T12:06:28+02:00November 13th, 2019|Categories: Allgemein, Unfall|