Kann ich einen Autokaufvertrag widerrufen? Eine immer wieder gestellte Frage an uns.

Viele Autokäufer gehen davon aus, dass ein Autokaufvertrag innerhalb von 14 Tagen widerrufen werden kann, es also ein 14 tägiges Widerrufsrecht gibt.

Aber ist das wirklich so? Kann ein Autokaufvertrag widerrufen werden?

Hier die Fakten !

Grundsatz:

Verträge sind einzuhalten. Wenn ein Widerrufsrecht nicht vertraglich vereinbart wird, was in der Praxis nicht vorkommt, besteht ein Widerrufsrecht nur, wenn der Gesetzgeber ein solches Widerrufsrecht vorgesehen hat.

So gibt es z.B. ein Widerrufsrecht im Verbraucherkredit und auch im Fernabsatzgeschäft. Beim Autokauf praktisch relevant sind beide.

Hier beschäftigen wir uns mit den Möglichkeiten des Widerrufs eines Autokaufvertrages im Rahmen eines sog. Fernabsatzgeschäftes.

Es müssen folgende Voraussetzungen vorliegen:

  1. Fernabsatzgeschäft, § 312c BGB

Es muss sich um ein Fernabsatzgeschäft handeln. Fernabsatzverträge sind Verträge, bei denen für die Vertragsverhandlungen und den Vertragsschluss ausschließlich Fernkommunikationsmittel verwendet werden. (z.B., Briefe, Kataloge, Telefonanrufe, Telekopien, E-Mails, SMS, Rundfunk und Telemedien)

  1. Unternehmer / Verbraucher

Verkäufer muss ein Unternehmer (gewerblicher Autoverkäufer), der Käufer ein Verbraucher (Privatperson) sein.

  1. Organisiertes Vertriebs- oder Dienstleistungssystem

An die Annahme eines organisierten Vertriebs- und Dienstleistungssystems sind nach der Rechtsprechung des BGH (Urt. V. 07.07.2016, I ZR 68/15) keine hohen Anforderungen zu stellen.

Ein organisiertes Fernabsatzsystem liegt dann vor, wenn der Inhaber des Geschäfts Waren nicht nur gelegentlich versendet, sondern systematisch auch mit dem Angebot telefonischer Bestellung und Zusendung der Ware wirbt.

  1. 14 tägiges Widerrufsrecht

Sollten die oben genannten Voraussetzungen (1-3) vorliegen, besteht ein 14 tätiges Widerrufsrecht. Dieses beginnt grundsätzlich mit Erhalt der Ware (hier: Fahrzeug).

  1. Fristbeginn

Die Widerrufsfrist beginnt aber erst dann zu laufen, wenn der Unternehmer den Verbraucher über sein Widerrufsrecht informiert hat. Das Widerrufsrecht erlischt spätestens 12 Monate und 14 Tage nach Übergabe der Ware.

Was diese gesetzliche Reglung für den Fahrzeugkauf bedeutet zeigt eine aktuelle Entscheidung des LG Osnabrück vom 16.09.2019, 2 O 683/19.

Ein Autohaus hatte auf einer Internetplattform ein Fahrzeug zum Verkauf angeboten. Eine Interessentin, eine Verbraucherin, hatte sich telefonisch bei dem  Autohaus gemeldet und mitgeteilt, sie wolle das Fahrzeug kaufen. Daraufhin übersandte ein Mitarbeiter des Autohauses der Interessentin ein Bestellformular. Diese sollte unterschrieben und zurück gesandt werden.

In dem Bestellformular hieß es: „Der Kaufvertrag ist abgeschlossen, wenn der Verkäufer die Annahme der Bestellung innerhalb der in den Gebrauchtfahrzeug-Verkaufsbedingungen geregelten Fristen schriftlich bestätigt oder die Lieferung ausführt.“

Eine Widerrufsbelehrung enthielt das Bestellformular nicht.

Die Interessentin erhielt eine Fahrzeugrechnung, überwies den Kaufpreis, das Autohaus übersandt die Fahrzeugpapiere, der Ehemann holte das Fahrzeug bei dem Autohaus ab.

Ca. 11 Monate später widerrief die Käuferin den Kaufvertrag. Das Autohaus wies den Widerruf zurück.

Der Fall landete vor dem LG Osnabrück.

Eine gar nicht so seltene „Kaufabwicklung“ gerade bei neueren Fahrzeugen. Solche Fahrzeuge sind im Internet gut darstellbar und verfügen meist noch über eine Herstellergarantie. Zudem besteht noch die gesetzliche Gewährleistung. Meist ein risikoarmer Kauf.

Besteht bei einer derartigen Konstellation aber ein Widerrufsrecht?

Zunächst ist zu prüfen, wann überhaupt ein wirksamer Kaufvertrag geschlossen wurde, ob ein Fernabsatzvertrag vorliegt. In dem Bestellformular war geregelt, dass der Kaufvertrag zu Stande kommt, wenn das Autohaus den Kauf schriftlich bestätigt oder die Lieferung ausführt.

Eine schriftliche Bestätigung erfolgte nicht. Das Landgericht kam deshalb zu dem Ergebnis, dass der Kaufvertrag erst durch die Abholung des Fahrzeuges geschlossen wurde.

Es ist also in jedem Fall zu prüfen, wann und wie es zu einem Vertragsabschluss gekommen ist. Dieser Vertragsabschluss muss unter Verwendung von Fernkommunikationsmitteln zu Stande gekommen sein. Ist das nicht der Fall, besteht kein Widerrufsrecht.

Weiter ist dann aber auch erforderlich, dass der Vertragsschluss im Rahmen eins für den Fernabsatz organisierten Vertriebs- oder Dienstleistungssystems erfolgt ist.

Im Rahmen eines Autokaufs hat das LG Osnabrück darauf abgestellt, dass das Autohaus nicht mit der Zusendung oder Anlieferung der bei ihr erworbenen Fahrzeuge wirbt und dass es auf der Internetseite keinen „Kauf-Mich-Button“ gibt. Das LG Osnabrück hat dementsprechend ein Widerrufsrecht verneint und die Klage abgewiesen.

Fazit:

Ein Widerrufsrecht bei einem Autokaufvertrag aufgrund eines Fernabsatzgeschäftes dürfte zurzeit noch die Ausnahme sein, ist aber nicht gänzlich ausgeschlossen, sondern vom konkreten Einzelfall abhängig.