In einer aktuellen Entscheidung hat sich das Saarländische OLG mit der Frage beschäftigt, wann die Monatsfrist beginnt, innerhalb derer der Versicherungsnehmer verpflichtet ist, ein zunächst gestohlenes, dann aber wieder gefundenes Fahrzeug zurück nehmen muss.
Es geht um den vorliegenden Fall um Kasko – Recht. Grundsätzlich gibt es bei Fahrzeugschäden die Unterteilung nach Haftpflichtrecht und Kaskorecht.
Haftpflichtrecht kommt dann zur Anwendung, wenn bei einem Unfall das Fahrzeug durch einen Dritten beschädigt wird. Wenn sich jemand bei mir in der Kanzlei nach einem Verkehrsunfall meldet und Fragen zur Haftungsverteilung, oder nach der Höhe seiner Ansprüche hat, bekommt er eine konkrete Antwort von mir. Haftpflichtrecht richtet sich nach den gesetzlichen Regelungen und der Rechtsprechung. Beides kenne ich, kann also eine verbindliche Aussage treffen.
Fragt jemand nach seinen Ansprüchen im Kaskoschadensfall, also wenn ein selbst verschuldeter Unfall vorliegt, oder sein Fahrzeug gestohlen wurde, ist das schon schwieriger. Fragen sind nicht so eindeutig beantwortbar, denn Kaskorecht ist Vertragsrecht. Die Ansprüche und Verpflichtungen sind also im jeweiligen Vertrag regelt. Ohne den Vertrag zu kennen ist eine eindeutige Aussage nicht möglich. Viele Vorschriften sind in den AKB, den Allgemeinen Bedingungen für die Kfz-Versicherung geregelt. Diese kenne ich zwar, aber ein Blick in den Versicherungsvertrag ist trotzdem unverzichtbar.
Im konkreten Fall wurden in dem Versicherungsvertrag die Anwendung der AKB 2017 vereinbart.
In diesen AKB ist geregelt, dass der Versicherungsnehmer zur Rücknahme des entwendeten Fahrzeugs verpflichtet ist, wenn dieses innerhalb eines Monats nach Eingang der Schadensanzeige wieder aufgefunden wird. Das gilt aber nur dann, wenn der Versicherungsnehmer das Fahrzeug innerhalb dieses Zeitraumes mit objektiv zumutbaren Anstrengungen wieder in Besitz nehmen kann. Muss der Versicherungsnehmer das Fahrzeug nicht zurück nehmen, wird der Versicherer Eigentümer des Fahrzeuges und der VN bekommt die Entschädigung entsprechend des Vertrages.
Zur Monatsfrist hat das Oberlandesgericht entschieden, dass diese nicht erst mit dem Eingang der schriftlichen Schadensanzeige des Versicherungsnehmer begonnen hat, sondern mit der telefonischen Anzeige des Versicherungsfalles gegenüber dem Versicherungsvertreter der Beklagten.
Zum Beginn der Monatsfrist reicht es also aus, dass der Versicherungsvertreter telefonisch über den Diebstahl des Fahrzeuges informiert wird.
Es kann also jedem Versicherungsnehmer, dem ein Fahrzeug gestohlen wurde, anwaltlich nur empfohlen schnellstmöglich, telefonisch eine Schadensmeldung über den Diebstahl abzugeben. Dann beginnt zu diesem Zeitpunkt bereits die Monatsfrist.
Selbst wenn das Fahrzeug innerhalb der Monatsfrist gefunden wird, sollte jeder Versicherungsnehmer überprüfen, ob er das Fahrzeug im Rahmen objektiv zumutbarer Anstrengungen in seine Verfügungsmacht bringen kann. Ist diese nicht gegeben, muss er das Fahrzeug nicht zurück nehmen.
Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken, Urteil v. 30.09.2020, 5 U 91/19