Abgrenzung Auffahrunfall und Vorfahrtsverletzung

Abgrenzung Auffahrunfall und Vorfahrtsverletzung

Abgrenzung zwischen Auffahrunfall und Vorfahrtsverletzung OLG München- 24.06.2016 10U 3161/15

 

Ob von einem Auffahrunfall oder einer Vorfahrtverletzung gesprochen wird hängt maßgeblich davon ab, ob das ortsübliche Geschwindigkeitsniveau zum Zeitpunkt der Kollision vorgelegen hat oder nicht. Dem Gericht kommt es nicht darauf an, welche Strecke bereits von dem einbiegenden Fahrzeugen zurückgelegt wurde, sondern ob sich das schon auf der vorfahrtsberechtigten Straße befindliche Fahrzeug an das ortsübliche Geschwindigkeitsniveau angepasst hat.

Der Kläger begehrte nach einem Unfall mit dem Beklagten Schadenersatz. Hier war zunächst die Frage zu klären, ob es sich tatsächlich um einen Auffahrunfall gehandelt hat oder ob der Kläger selbst eine Vorfahrtsmissachtung begangen hat.

Der Kläger wollte auf eine vorfahrtsberechtigte Straße auffahren. Zunächst hielt er an der vorgesehenen Haltelinie und bog dann rechts´in die Vorfahrtsstraße ein. Auf dieser Straße galt eine maximale Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h. Nach schneller Beschleunigung und ca. 50m zurückgelegter Strecke hatte der Beklagte eine Geschwindigkeit von 55 km/h erreicht. In der nahen Umgebung befinden sich ein Gewerbegebiet, Lebensmittelläden, ein Lokal und ein Sportverein, weswegen die maximale Geschwindigkeit nach einigen 100m auf 70 km/h gesenkt wird. Anschließend befindet sich auf der Strecke eine Ampel. Aus diesem Grund ist es unüblich, dass rechtsabbiegende Fahrzeuge auf 100 km/h beschleunigen. Die ortsübliche Geschwindigkeit liegt hier deutlich unter den zugelassenen 100 km/h. Der Beklagte gab an die Strecke schon mehrfach gefahren zu sein, sodass davon auszugehen ist, dass er sich der ortsüblichen Geschwindigkeit durchaus bewusst war. Trotzdem fuhr er mit den zugelassenen 100 km/h und stieß mit dem klägerischen Fahrzeug zusammen. Ein später veranlasstest Gutachten ergab, dass der Beklagte den Zusammenstoß hätte verhindern könne, wenn er eine moderate Bremsung ausgeführt hätte.

Aus dem vorliegenden Sachverhalt hat das Gericht abgeleitet, dass die Fahrzeuge ihre Geschwindigkeit an das ortsübliche Niveau anpassen müssen, auch wenn dies deutlich unter der zugelassenen Höchstgeschwindigkeit liegt. Der Beklagte hat sich hier eines Auffahrunfalls schuldig gemacht, da er sich nicht an die ortsübliche Geschwindigkeit gehalten hat.

 

2016-06-24T11:43:36+02:00Juni 24th, 2016|Categories: Allgemein|