OLG Hamm Urteil vom 01. April 2014 – Az. 28 U 85/13
Gebrauchtwagenkauf- Rückabwicklung eines Kaufes bei vorhandenen Unfallschäden
Das OLG Hamm hat sich in folgendem Sachverhalt mit der Frage auseinander gesetzte, inwieweit eine in einem Kaufvertrag geregelte „ ausdrücklich nicht zugesicherte Unfallfreiheit“ bei einem Verbrauchsgüterkauf ausgelegt werden muss.
Sachlage:
Ein Käufer hat sich einen in Italien erstzugelassenen und in Polen genutzten BMW M3 bei einem Gebrauchtwagenhändler in Deutschland zu einem inserierten Preis von 15.489,00 € am 05.06.2012 angesehen. Bei der Besichtigung wurde mit einem Mitarbeiter auch über eine sich am Wagen befindliche nachlackierte Stelle, sowie ein dem Käufer auffallendes ungleiches Spaltmaß im Bereich der Fahrertür gesprochen. Es wurde ein Kaufvertrag mit einem Verkaufspreis von 14.600,00 € geschlossen. Im Vertrag wurde festgehaltem, dass der Käufer gewerblich sei, das Fahrzeug unter Ausschluss von Sachmängelhaftung und Gewährleistungsrechten verkauft wird, die Unfallfreiheit ausdrücklich nicht gewährleitet wird und das die Richtigkeit des Kilometerstandes nicht zugesichert wird. Nach Übernahme des Fahrzeuges bemerkte der Käufer am 07.06.2012 eine blinkende Motorkonntrollleuchte und fuhr in die Werkstadt. Dort wurde festgestellt, dass der Wagen mehr als den beim Kauf angegebenen Km-Stand von 84.000 km aufwies (119.000km). Der Käufer will den Kaufvertrag wegen arglistiger Täuschung durch den Verkäufer anfechten, von diesem zurücktreten und die für ihn entstandenen Kosten zurückerstattet haben.
Entscheidung:
Zunächst wurde vor dem Landgericht verhandelt, welches die Klage mit der Begründung abwies, dass es sich um einen gewerblichen Kauf gehandelt habe und dem Käufer kein Recht zum Rücktritt zustehen würde. Der Käufer legt hierauf Berufung beim OLG Hamm ein mit dem Argument, dass es sich eben nicht um einen gewerblichen Kauf gehandelt habe und ihm somit die Verbraucherrechte zustehen müssen. Um die umstrittene Situation zu klären, wurde ein Sachverständigengutachten in Auftrag gegeben. Dieses stellt fest, dass es sich bei dem besagten Fahrzeug tatsächlich um einen Unfallwagen handelt, was ein Leihe jedoch nicht ohne das nötige Fachwissen zweifelsfrei hätte erkennen können. Ein Sachmangel liege zwar nicht wegen des falsch angegebenen Kilometerstandes vor, jedoch aber wegen der Beschaffenheit als Unfallwagen, was dem Mitarbeiter durchaus bekannt war. Dem Käufer steht demnach ein gesetzlicher Rücktrittsgrund wegen eines vorliegenden Sachmangels zu. Die Beschaffenheit als Unfallwagen sei nicht die übliche Beschaffenheit eines Fahrzeuges, auch wenn es sich wie hier um einen Unfallwagen handelt. Durch den Zusatz im Kaufvertrag, dass die Unfallfreiheit nicht zugesichert wird, ist keine negative Beschaffenheitsvereinbarung getroffen worden, sodass anzunehmen wäre es handele sich tatsächlich um einen Unfallwagen. Auch der verhandelte Kaufpreis lässt nicht darauf schließen, dass es sich um einen Unfallwagen handelt. Der Verkäufer kann sich auch nicht, wie von ihm angenommen auf den Ausschluss der Gewährleistungsrechte berufen, da es sich um einen Verbrauchgüterkauf handelt. Der Käufer habe nie angegeben, dass er den Wagen für gewerbliche Zwecke kaufen möchte, sondern er arbeite lediglich mit gebrauchten Motorenteilen und aus diesem Grund verstehe er auch mehr als ein durchschnittlicher Kunde von der Modelreihe des BMW. Daraus kann jedoch nicht auf Verkäuferseite geschlossen werden, dass hier ein gewerblicher Käufer handelt.
Das OLG Hamm hat entschieden, dass der Verkäufer dem Käufer den Kaufpreis abzüglich von einer Nutzungsentschädigung sowie die Anwaltskosten und diverse entstandene Nebenkosten in Höhe von 12.804,57 € zurückerstatten muss. Die Revision wurde abgelehnt.