Umsatzsteuerklausel in der Fahrzeugversicherung

OLG Celle – Urteil vom 06.10.2016 AZ 8 U 111/16

Der Kläger verlange zwei Jahre nach Abwicklung seines Totalschadens durch seine  Kaskoversicherung von dieser Erstattung von weiteren Kosten. Das Gericht hatte nun darüber zu entscheiden, ob dem Versicherungsnehmer ein Erstattungsanspruch zusteht, wenn er für sein neu angeschafftes Fahrzeug mindestens Kosten in Höhe des Brutto-Wiederbeschaffungswertes seines verunfallten Fahrzeuges aufgewendet hat.

Die Kaskoversicherung  wendete ein, dass dem Kläger ein solcher Anspruch nach A.2.6.5. AKB 2013 nicht zustehen würde. Diese Klausel ist aus der Sicht der Versicherung so zu verstehen, dass sie auch auf einen tatsächlich abgerechneten Schadenfall  Anwendung findet. Das zuständige Gericht sah dies jedoch anders und begründete dies mit der Sichtweise eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers. Demnach versteht der durchschnittliche Versicherungsnehmer die relevante Klausel so, dass diese nur auf den Fall einer fiktiven Abrechnung anwendbar ist.  Ein  Versicherungsnehmer wird in den meisten Fällen davon ausgehen, dass ihm alle entstandenen Kosten, demnach auch der aufgewendete Kaufpreis für sein neues Fahrzeug von seiner Kaskoversicherung erstattet wird. Ihm wird es auch nicht in den Sinn kommen, dass wenn er ein Fahrzeug von Privat zum Preis des Wiederbeschaffungswertes laut Gutachten erwirbt, dieser Widerbeschaffungswert auch die Umsatzsteuer enthält, die bei einem Privatkauf nicht anfällt. Allein der Zweck der Kaskoversicherung spricht für die Auslegung des zuständigen Gerichts, da der Versicherungsnehmer mit Abschluss einer solchen Kaskoversicherung zum einen den  Schutz vor wirtschaftlichen Nachteilen bei eigenem Verschulden an einem Unfall sichern möchte und zum anderen möchte er sich auch vor Ansprüchen des Unfallgegners bei unklarer Haftungslage schützen. Auch die Praxis legt nahe, dass eine solche Auflegung der Klausel durchaus sinnvoll erscheint, denn in vielen Fällen zieht ein Versicherungsnehmer die Regulierung durch seine eigene Kaskoversicherung vor und überlässt es dieser, entstandene Regressansprüche bei der gegnerischen Versicherung geltend zu machen.

Das Gericht entschied, dass der Versicherungsnehmer auch nach zwei Jahren noch Anspruch auf die Erstattung von Kosten für seine Ersatzbeschaffung in Höhe des Brutto-Wiederbeschaffungswertes hat.