Ist die Eintragung in das Schengener Informationssystem (SIS) ein Sachmangel des KFZ?
BGH, Urteil vom 18.01.2017 – VIII ZR 234/15
Der BGH hat sich in diesem Rechtsstreit damit auseinandergesetzt, ob denn die Eintragung in das SIS einen Mangel des Kraftfahrzeuges darstellt und den Käufer somit zum Rücktritt vom Kaufvertrag berechtigen könne. Das Schengener Informationssystem (SIS) dient unter anderem dazu, Personen oder aber auch Gegenstände, wie hier ein KFZ in einer nicht öffentlichen Datenbank zur Fahndung im Bereich der Schengen-Länder auszuschreiben. Vorliegend hat ein Mann einen Gebrauchtwagen im Wert von 29.000€ gekauft und wollte diesen ordnungsgemäß bei den zuständigen Behörden anmelden. Dort erfuhr er dann, dass sein Fahrzeug im SIS zur Fahndung ausgeschrieben wurde. Die Behörden beschlagnahmten das Auto für einen Zeitraum von fast drei Monate, sodass der Kläger das Fahrzeug erst am 17.12.2013 zulassen konnte. Bei den Ermittlungen durch die Polizei wurde festgestellt, dass der französische Vorbesitzer den gemeldeten Diebstahl zum Zweck des Versicherungsbetrugs vorgetäuscht hatte und das keine weiteren Bedenken gegen eine ordnungsgemäße Zulassung des Fahrzeuges von Amtswegen mehr bestünden. Dennoch wurden die Ermittlungen erneut im Januar 2014 aufgenommen und dauerten noch bis Januar 2015 an, sodass das Fahrzeug weiterhin im SIS ausgeschrieben war. Aufgrund der anhaltenden Ermittlungen hat der Käufer durch seinen Anwalt den Rücktritt vom Kaufvertrag gegenüber des Beklagten erklärt und diesen aufgefordert, den geleisteten Kaufpreis gegen Rückübereignung des PKW zurückzuerstatten. Der Kläger begründet sein Recht zum Rücktritt damit, dass eine Ausschreibung des Fahrzeuges in SIS zum Zeitpunkt des Kaufes und darüber hinaus ein erheblicher Rechtsmangel sei. Der Beklagte sei jedoch der Auffassung, dass kein Rechtsmangel vorläge, da es sich nur um ein Verwendungshindernis handele, dass auf einem Missverständnis beruhen würde.
Das Gericht hat dazu ausgeführt, dass zum Zeitpunkt des Vertrages sehr wohl ein Mangel der Kaufsache, hier des KFZ vorgelegen habe. Die Listung in das SIS stellt nicht nur ein vorübergehendes Zulassungshindernis dar, sondern beeinträchtigt den Käufer auch erheblich in der Nutzung seines Eigentums. Der Käufer müsse bei Fahrten ins Ausland damit rechnen, dass sein Fahrzeug bei einer Kontrolle beschlagnahmt werden kann und er so für eine längere Zeit von der Nutzung des KFZ ausgeschlossen ist bzw. dieses nur sehr eingeschränkt gebrauchen kann. Da die Eintragung ins SIS auch noch nach geraumer Zeit nach Abschluss der Ermittlungen bestand, hätte der Kläger dies bei einem Weiterverkauf auch angeben müssen, was einen erneuten Verkauf schwieriger gestaltet hätte. Nach Meinung des Gerichts ist es dem Kläger nicht zumutbar, dass er selber für die Löschung der SIS- Eintragung zu sorgen hat. Einer Fristsetzung zur Nacherfüllung war entbehrlich, aufgrund der lang anhaltenden polizeilichen Ermittlungen und der endgültige und ernstlichen Verweigerung zur Nacherfüllung seitens des Beklagten. Demnach steht dem Kläger ein Anspruch auf Rückzahlung des gezahlten Kaufpreises gegen Rückübereignung des PKW zu.